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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 15.11.2014 –

Richte nicht

In der Bergpredigt warnt uns Jesus Christus vor dem Richten: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden" (Matthäus 7,1-2).

Hier ist nicht die Feststellung gemeint, ob eine Handlung bibelkonform ist oder nicht. Es bedarf keiner großen Gabe der Unterscheidung, um zu wissen, dass eine Sünde eine Sünde ist, wie in dem Fall des Mannes in Korinth, der anscheinend in einem unzüchtigen Verhältnis mit seiner Stiefmutter lebte. Sünde ist Sünde!

Jesus meint eher das Richten, wenn es um die Motive einer Person geht, also um das Herz. Er sagt uns, dass das Maß, das wir anlegen, auch bei uns angewendet werden wird. Und nur Gott kann das Herz eines Menschen erkennen!

Er fährt fort: "Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge" (Verse 3-4).

In der Gegenüberstellung des Splitters mit dem Balken finden wir einen interessanten Vergleich. Der Splitter und der Balken sind Holz, also symbolisch desselben Ursprungs.

Will Jesus damit sagen, dass wir dazu neigen, die Fehler in anderen Leuten zu sehen, die wir selbst haben?

Bemerkenswert ist, dass der Apostel Paulus genau diese Tendenz bestätigte, als er seine Landsleute tadelte: "Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest" (Römer 2,1).

Das Wort "entschulidgen" hat im griechischen Urtext auch die Bedeutung "ohne Verteidigung" bzw. "verteidigungslos". Sinngemäß kann sich derjenige, der andere der Dinge beschuldigt, die er selber tut, nicht verteidigen. Das Wort "tust" (Griechisch "prasso") hat die Bedeutung von "praktizieren", d. h., man erhebt Anklage wegen Dinge, die man selbst "praktiziert" bzw. wiederholt tut.

Der Maßstab für gerechtes Gericht ist nicht unsere Meinung oder unser Empfinden, sondern die Wahrheit Gottes: "Wir wissen aber, dass Gottes Gericht über alle, die solche Dinge tun, der Wahrheit entspricht" (Römer 3,2; Einheitsübersetzung).

Meinen wir, dass andere lieblos sind? Verkennen wir dabei, dass wir es selbst sind? Meinen wir, dass andere um des Ansehens willen dienen? Verkennen wir dabei, dass wir es selbst tun? Meinen wir, dass andere viele Vorurteile haben? Verkennen wir dabei, dass wir sie auch haben?

Die Reihe ließe sich fortsetzen.

Beherzigen wir stets Jesu Ermahnung in Bezug auf das Richten: "Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst" (Matthäus 7,5).

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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