Das Wort zum Sabbat
Die Letzten werden die Ersten sein, und die Ersten werden die Letzten sein
Jesus macht diese Aussage am Ende des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg: „So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein” (Matthäus 20,16).
Aus menschlicher Sicht wirkt diese Aussage Jesu auf viele Menschen unbequem oder sogar unfair. Dies ist auf verschiedene psychologische und gesellschaftliche Faktoren zurückzuführen:
Unsere Gesellschaft ist z. B. stark von Leistung, Anstrengung und Erfolg geprägt. Wer „Erster” ist, hat vermeintlich mehr geleistet und verdient entsprechend mehr Anerkennung. Wenn dieser Mensch „letzter” wird, wirkt das wie eine Geringschätzung der Mühe.
Auch der Gedanke, dass jemand, der weniger sichtbar gearbeitet oder später angefangen hat, denselben oder sogar größeren Lohn erhält, widerspricht unserem menschlichen Gerechtigkeitsempfinden. Das wird in dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg sehr deutlich. Da die Ersten früh angefangen hatten, dachten sie, sie hätten Anspruch auf mehr als die Letzten.
Und, der Gedanke, nicht „besser” oder „weiter” zu sein als andere, kratzt am Selbstbild. Wenn die Letzten die Ersten werden, scheint das eigene Streben plötzlich sinnlos oder entwertet.
Gottes Maßstäbe sind jedoch anders als unsere. Jesus spricht hier von einer himmlischen oder göttlichen Ordnung, nicht von irdischer Karriere. Bei Gott zählt Herzenshaltung mehr als sichtbarer Erfolg. Demut, Liebe und Vertrauen sind wichtiger als Status.
Wie können wir uns gegen den möglichen Widerstand in unserem Herzen wehren und uns mit Jesu Aussage versöhnen?
Lasst uns zunächst einmal Selbstreflexion betreiben und uns nicht immer mit anderen vergleichen, sondern uns an Gottes Wort orientieren. Fragen wir uns: Warum finde ich diesen Vers schwierig? Oft deutet dies auf unbewussten Stolz oder Wettbewerbsdrang hin.
Darüber hinaus sollten wir keine Ansprüche stellen, sondern im Alltag Demut üben. Anspruchsdenken führt leicht dazu, sich selbst für besser oder verdienter zu halten als andere. Nehmen wir zum Beispiel den älteren Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Er sagt:
„Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet” (Lukas 15,29-30).
Er erhebt also Anspruch auf Belohnung für seine Treue. Doch der Vater reagiert nicht auf den Anspruch, sondern auf die Herzenshaltung.
Aus biblischer Sicht stellt eine Anspruchshaltung – also die innere Haltung, etwas verdient zu haben oder Gott oder anderen gegenüber einen Anspruch zu erheben – eine geistige Gefahr dar, weil sie Stolz, Undankbarkeit und mangelndes Vertrauen in Gottes Gnade und Souveränität offenbart. Die Bibel lehrt jedoch durchgängig, dass alles Gute eine Gabe Gottes ist (Jakobus 1,17) und dass der Mensch nicht aus eigenem Verdienst, sondern allein aus Gnade gerettet wird (Epheser 2,8-9). Dieses Wissen sollte uns dabei helfen, demütig zu sein.
Kleine Dienste, stille Hilfe, das Zurückstellen der eigenen Meinung – all das macht die Haltung aus, die Jesus gemeint hat.
Lernen wir auch, uns über andere zu freuen: „und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit” (1. Korinther 12,26).
Wenn die „Letzten” die Ersten werden, darf das Freude auslösen, denn es zeigt, wie grenzenlos Gottes Barmherzigkeit ist.
„Du aber, Herr, Gott, bist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue” (Psalm 86,15).
Jesu Aussage: „So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten”, ruft also zur Demut auf, nicht zur Niederlage. Sie ist kein Angriff auf Leistung, sondern eine Einladung, nicht über andere zu urteilen oder sich über sie zu erheben. Wer wirklich demütig lebt, wird in Gottes Reich erhöht.
„So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit” (1. Petrus 5,6).
In diesem Sinne wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.
Wim Dekker