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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 11.02.2017 –

Gibt es "Kavalierssünden"?

Um diese Frage zu beantworten, muss man verstehen, was man mit einem Kavaliersdelikt meint. Als Kavaliersdelikt wird u. a. eine Handlung bezeichnet, die gegen ein Gesetz verstößt, die der Begehende aber aus Bequemlichkeit oder eigenem Rechtsempfinden rechtfertigt. Beispiele sind Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, das Schwarzfahren und Urheberrechtsverletzungen "im kleinen Rahmen" (Texte anderer Autoren abschreiben usw.).

Das Empfinden für ein Kavaliersdelikt ist zeitlichen und gesellschaftlichen Schwankungen unterworfen, wie die Steuerhinterziehung gezeigt. Jahrelang galt sie in Deutschland fast als Volkssport, denn wer wollte nicht so wenig Steuern wie nur möglich zahlen? Aber Steuersünder-CDs aus der Schweiz, die deutschen Finanzämtern zugänglich wurden, und die Verschärfung des Steuerrechts haben Wirkung gezeigt. In der Zeit nach dem Bekanntwerden der Steuersünder-CDs schnellte die Anzahl der Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung in die Höhe. Die Liste prominenter Menschen, die eher eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft haben sollten, wurde auch immer länger. So ist Steuerhinterziehung für die Gesellschaft kein Kavaliersdelikt mehr.

Für Christen war sie es nie, ebenso Schwarzfahren und andere "kleine" Vergehen, über die manche hinwegsehen. Christen nehmen die Ermahnung des Apostels Petrus ernst: "Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten" (1. Petrus 2,13). Deshalb beherzigen sie die Aufforderung des Paulus in Römer 13, Vers 7: "So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt."

Das Prinzip überträgt sich auch auf das Gesetz Gottes. Wir dürfen nicht nach unserem eigenen "Rechtsempfinden" entscheiden, welche Teile des königlichen Gesetzes wir beachten werden und welche nicht. Davor warnt uns der Apostel Jakobus: "Wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig" (Jakobus 2,10). Das ist leider die Haltung, die manche beim vierten der Zehn Gebote haben. Mit den anderen neun Geboten haben sie keine Probleme, aber beim Sabbatgebot sieht es anders aus. "So wichtig kann das in unserer modernen Zeit nicht sein", meinen sie.

Die heute Berufenen werden in der Welt von morgen Könige und Priester sein (Offenbarung 5,10). Priester sollen das Gesetz Gottes kennen und lehren (Hosea 4,6).

Können Sie sich einen gewohnheitsmäßigen Schwarzfahrer vorstellen, der in der Welt von morgen für die Bezahlsysteme im öffentlichen Verkehr (wenn es ihn gibt!) verantwortlich wäre? Oder einen jahrelangen unreumütigen Steuersünder, der in der Welt von morgen für die Verwaltung des Zehnten verantwortlich wäre? Wohl kaum. Ebenso wenig kann man sich jemanden in der Welt von morgen als König und Priester vorstellen, für den heute die Missachtung mancher Anordnung Gottes eine "Kavalierssünde" ist.

"Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht", so ist die Einstellung Jesu (Lukas 16,10). Seine Einstellung sollte auch die unsere sein. Deshalb muss unsere Antwort auf die eingangs gestellte Frage lauten: Nein, "Kavalierssünden" gibt es nicht!

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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