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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 27.06.2015 –

Wie reagieren wir auf Unrecht?

Ich hörte einmal von einem Mitarbeiter in einer Metzgerei, der dabei erwischt wurde, Fleisch zu stehlen. Als er zur Rede gestellt wurde, begründete er sein Verhalten damit, dass er seiner Meinung nach unterbezahlt würde und diesen Umstand durch den Diebstahl ausgleichen wollte.

Steuerhinterzieher meinen manchmal, dass der Staat ohnehin zu viel verlangt und es deshalb nicht so schlimm sei, wenn man die persönliche Steuerschuld nach eigenem Gutdünken mindert.

In solchen Fällen kommt die Denkweise zum Vorschein, dass Unrecht, ob echt oder vermeintlich, Unrecht rechtfertigt.

Das Buch 1. Samuel berichtet in mehreren Kapiteln von Davids Flucht vor König Saul. In dieser Zeit kam es eines Nachts vor, dass David und einige seiner Männer in Sauls Lager gingen. Dort fanden sie König Saul schlafend und unbewacht. Abischai, einer von Davids Männern, wollte Saul auf der Stelle töten, da er meinte, Gott habe die Situation so geleitet, dass man Saul unbeschützt vorgefunden hatte.

Wenn David von derselben Denkweise geprägt gewesen wäre wie der Fleischdieb und manche Steuerhinterzieher, hätte er Abischai zugestimmt und ihm die Erlaubnis gegeben, Saul zu töten. Schließlich David hatte Saul bereits einmal verschont, woraufhin Saul aufgrund von Davids Barmherzigkeit geweint und David versprochen hatte, ihn nicht mehr zu verfolgen (vgl. dazu 1. Samuel 24).

Doch Saul hielt sein Wort nicht; er nahm die Verfolgung Davids später wieder auf. So hätte David sich sagen können: "Saul hat trotz meiner Barmherzigkeit Wortbruch begangen und deshalb gibt mir Gott diese Gelegenheit."

Stattdessen widersetzte er sich dem Wunsch Abischais, denn er war überzeugt, dass es unrecht sein würde, den von Gott eingesetzten König Israels umzubringen: "Wer könnte die Hand an den Gesalbten des Herrn legen und ungestraft bleiben?" (1. Samuel 26,9).

Wer Unrecht erfährt, ist oft versucht, eigenes Unrecht als Gegenmittel oder Ausgleich zu rechtfertigen. Aber Unrecht rechtfertigt nie Unrecht. Stattdessen sollen wir uns wie David verhalten, der sich in der vorchristlichen Ära christlich verhielt: "Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen" (Matthäus 5,44).

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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